Donnerstag, 10. September 2009

Kostenpflichtige Grundausbildung oder duales System?


Im Fachmagazin clips, Ausgabe 09.2009, erinnert sich Chefredakteurin Heidrun Barbie daran, dass das Problem mit der qualitativen Ausbildung schon vor 25 Jahren kontrovers diskutiert wurde. O-Ton aus ihrem Leitartikel „Lernt die Branche nicht dazu?“:
„Solche Aussagen kenne ich doch nur allzu gut – nicht aus aktuellen Gesprächen und Veröffentlichungen, nein, aus über 25 Jahren, die ich in der Friseurbranche arbeite!“
Daran sieht man, dass die Anstrengungen und Diskussionen der vergangenen Jahre weder in den Verbänden, den Kammern oder der Politik etwas bewegt haben.

Die Zahl der Auszubildenden ist mit rund 40 000 immer noch zu hoch für eine flächendeckend qualitativ gute Ausbildung. Dazu Heidrun Barbie weiter:
„Schlecht ausgebildet, mies bezahlt, können sie gar nicht dem Anspruch eines guten Friseurs gerecht werden, machen dafür aber allen auf Qualität und Image bedachten Salons das Leben, die Existenz schwer.“

Da ist was dran! Man könnte an einigen Schrauben drehen: Die Ausbildungsbeihilfe könnte drastisch erhöht werden .Der Grund dafür ist simpel: Auf etwas Teures passt man besser auf! Übertragen auf die Ausbilder sind die gezwungen, ihre Azubis so effektiv wie möglich auszubilden, damit sie Umsatz erarbeiten, die Wertschöpfung des Betriebes unterstützen und nicht nur Zureich- und Putzarbeit leisten. Die automatische Ausbildungsbefugnis von Meistern kann ausgesetzt werden. Wer als Meister ausbilden möchte, muss sich eine zusätzliche Ausbildungsbefähigung erarbeiten und sollte auf seine soziale Befähigung dafür getestet werden. Viele junge Meister können kaum Werte vermitteln, weil sie selber kaum welche haben.
Es gibt viele Ansatzpunkte und wenig Mut zur Änderung. Der Zentralverband muss laut eigener Aussage nivellieren. Leider in die falsche Richtung! Der ZV kann das Problem nicht aussitzen, der Druck wird steigen und eine Änderung erzwingen. Das wäre nicht das erste Mal, dass tradierte Strukturen die Kontrolle über die Veränderungen verlieren.

Haben Sie den drohenden Untergang der Musikindustrie noch in Erinnerung? Da wurde mit allen Mitteln versucht, ihren jahrzehntelang zementierten Status Quo gegen offensichtliche Änderungen zu verteidigen. Die Unternehmen haben ihre Kunden als Feinde behandelt und sind daran fast zerbrochen. Apple, branchenfremd und innovativ, hat vorgemacht, wie man mit der Erfüllung von Kundenwünschen Probleme lösen und Geld verdienen kann. iTunes ist heute die erfolgreichste Musik-Download-Plattform weltweit Da war der Zug für die Musikindustrie schon durch, die Blamage und der Imageschaden waren immens. Erholt hat sie sich bis heute nicht von dem Desaster.

Vor drei Jahren habe ich zum Thema Mobiltelefonie prophezeit, dass Apple mit dem iPhone den Mobilfunkmarkt aufmischt. Sie haben wieder auf den Kunden gehört,das Handy emotional aufgeladen und das mobile Netz für den Kunden sinnvoll gemacht. Dem träge gewordenen Marktführer Nokia haben sie ein empfindliches Stück vom Kuchen weggerissen. Kaum dass Nokia begriffen hat was passiert ist, launchte Apple den App-Store und ist mit über 65 000 Anwendungen für das iPhone wieder Spitzenreiter der Marktveränderung. Und Apple nagt weiter!
Google hat die Internetsuche vereinfacht. Nike fand Öko unsexy und hat sich gegen die Produktion eines „Abfall-Schuhs“ gewehrt. Der Markt war anderer Meinung. Der Schuh wurde trendy, der Schuh wird produziert. Facebook, flickr, Twitter, Blogs – traditionell denkende Unternehmen wären auf diese Art der Kommunikationsgestaltung gar nicht gekommen. Die Kunden wollen sie aber unbedingt. Wie die Unternehmen daraus Geld machen ist deren Problem, nicht das des Kunden.

Dem Druck des Marktes kann man sich auf Dauer nicht widersetzen. Die Friseurausbildung betreffend sind die qualitativ hochwertig arbeitenden und ausbildenden Friseure die Kunden der Kammern und des ZV. Ich stelle die Frage jetzt mal von dieser Seite: Wie lange werden sie sich noch gegen ihre Kunden stemmen können? Ich zitiere nochmals Heidrun Barbie:
„Die Branche selbst, ein Teil von ihr, schafft es, Ansehen und Qualität auf unterem Niveau zu halten, weil sie sich „schwarze Schafe“ heranzieht. Sie liefern dem Verbraucher schlechte Leistung, was es wiederum schwer macht, angemessene Preise für Friseurdienstleistungen durchzusetzen.“

Wenn die Zahl der Ausbildungsverträge reduziert wird, beispielsweise auf 20-25 000, dann führt das auf jeden Fall zu einer besseren individuellen Ausbildung. Diese Reduzierung ist aber nur möglich, wenn die Hürden für Ausbilder höher werden als sie es derzeit sind. Diejenigen Salons, die ihr Unternehmen mit der Beschäftigung von Azubis über Wasser halten, müssen halt alleine schauen wie sie zurecht kommen. Wie sie das schaffen ist deren Problem, dafür kann man nicht die gesamte Branche strafen.

Kontakt: peter.gress@gress.de

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Peter Gress


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